Selbstbestimmung

Laut diesem Spiegel ONLINE Artikel wurde eine Ärztin in Gießen zu einer 6000 Euro Strafe verurteilt, weil Sie laut Gericht gegen den Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches verstoßen hat, der unerlaubte Abtreibungswerbung verbietet. Auf ihrer Homepage hat die Ärztin nämlich einen Link auf ein zweiseitiges Dokument eingestellt, welches über Schwangerschaftsabbrüche (medizinisch / chirurgisch, Nebenwirkungen, Risiken, Ablauf etc.) informiert. Dieses Dokument bekommt man aber nur zugeschickt wenn man seine Mailadresse eingibt.

Ich möchte mich jetzt nicht lang und breit über einzelne Details dieses Falls auslassen, diese können in dem oben verlinkten Artikel und diesem hier nachgelesen werden.

Was mich gedanklich auf die Palme bringt sind einige Äußerungen und Fakten im Kontext dieses Urteils:

1) Der Paragrafen 219a ist aus dem Jahr 1933 und wurde von den Nazionalsozialisten eingeführt, um Schwangerschaftsabbrüche zu verhindern und so das Wachstum und die Ausbreitung des deutschen Volkes zu beschleunigen. Wieso ein solcher, unzeitgemäßer Paragrafen noch nach vielen Jahrzehnten und einer zwischenzeitlichen Reformation des Abtreibungsrechts existiert erschließt sich mir nicht.

2) Die Richterin argumentiert mit "Der Gesetzgeber möchte nicht, dass über den Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit diskutiert wird, als sei es eine normale Sache.". Was ist es dann? Natürlich ist ein Schwangerschaftsabbruch nicht vergleichbar mit der Versorgung einer Schürfwunde, aber es muss doch möglich sein das Thema mit einer Ärztin bzw. einem Arzt zu besprechen bzw. sich von diesem Informationen zu holen. Und wieso sollte es nicht in der Öffentlichkeit besprochen werden? Hält der Gesetzgeber uns, also die Gesellschaft, dafür für zu unmündig?

3) Frauen, die abtreiben wollen, müssen sich nach dem aktuellen Gesetzeslage bei einer staatlich anerkannten Stelle beraten lassen und dann mindestens drei Tage abwarten bis die Abtreibung durchgeführt wird. Und das alles nur in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft. Was mich daran stört ist wie Frauen behandelt werden. Sind sie nicht schwanger, so werden sie vom Gesetz wie jeder erwachsene Mensch behandelt. Werden sie aber schwanger (sei es weil die Verhüttung nicht geklappt hat oder aufgrund einer Vergewaltigung) und wollen abtreiben, dann spricht ihnen das Gesetz die Fähigkeit ab selbstbestimmt darüber zu entscheiden. Sie MÜSSEN sich beraten lassen und sie MÜSSEN drei Tage abwarten. Die Möglichkeit, dass eine Frau für sich souverän die Entscheidung fällt existiert für den Gesetzgeber schlicht nicht.

Das Thema ist natürlich nicht einfach und die meisten (Frauen... aber auch Männer) machen sich eine solche Entscheidung nicht leicht. Aber der Umgang mit dem Thema von Seiten des Gesetzes ist ein Armutszeugnis. Vor allem hilft es nicht wenn Menschen kriminalisiert werden, die eigentlich aufklären wollen.

Aktualisierungen:
01.12.2017: Laut diesem Spiegel ONLINE Artikel formiert sich Widerstand in der Politik gegen den Paragrafen 219a


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