Causa Mesut Özil
Die Fußball WM 2018 ist vorbei, Deutschland in der Vorrunde raus und Frankreich zu Recht Weltmeister. Es könnte jetzt alles wieder seinen gewohnten Gang gehen (und tut es in den meisten Fällen auch), aber die deutsche Seele braucht anscheinen eine gute Erklärung bzw. einen Sündenbock für das Vorrundenaus. Und da werden einige Dinge ganz schön durcheinander bzw. miteinander in Verbindung gebracht, die man lieber getrennt halten sollte. Im Zentrum des ganzen steht Mesut Özil, der DFB mit seinem Präsidenten Reinhard Grindel und eine Reihe weiterer Persönlichkeiten, die ihre Meinung öffentlich äußern.
Das alles gipfelte nun in den drei Erklärungen von Mesut Özil, seinem Rücktritt aus der deutschen Nationalmanschaft, den diversen Reaktionen darauf und schließlich der Erklärung des DFB-Präsident Reinhard Grindel. Es geht um Rassismus-Vorwürfe, Integrationsfähigkeit des Fußballs, die Rolle des DFB und ihres Präsidenten und letztendlich auch darum wer schuld an dem frühen Aus der deutschen Mannschaft bei der Fußball WM 2018 ist.
Das alles will ich hier nicht diskutieren oder groß kommentieren. Zum einen sind mir die dafür notwendigen Interna zwischen den Beteiligten nicht bekannt. Zum anderen findet man für jede Meinung sicherlich eine mehr oder weniger belastbare Argumentationskette. So wie ich das sehe lässt sich die Eskalation im Grunde auf Kommunikationsprobleme und ein zu zaghaftes bzw. zu verzögertes Agieren der beteiligten Personen zurückführen.
Ich möchte aber meine Meinung zu einigen Aussagen aus Mesut Özils erster Erklärung äußern. Es geht speziell um Aussagen aus dem folgenden Abschnitten:
"Aber das Bild, das wir gemacht haben, hatte keinerlei politische Absichten. Wie ich bereits sagte, hat mich meine Mutter dazu gebracht, niemals meine Herkunft, mein Erbe und meine familiären Traditionen zu vergessen.
Für mich ging es bei einem Foto mit Präsident Erdogan nicht um Politik oder um Wahlen, sondern darum, das höchste Amt des Landes meiner Familie zu respektieren. Mein Beruf ist Fußballer, nicht Politiker, und unser Treffen war keine Befürwortung irgendeiner Politik. Tatsächlich haben wir über dasselbe Thema gesprochen wie jedes Mal, wenn wir uns treffen, nämlich Fußball, denn er war selbst Spieler in seiner Jugend.
Auch wenn die deutschen Medien etwas anderes dargestellt haben, ist die Wahrheit, dass die Ablehnung eines Treffens mit dem Präsidenten respektlos gegenüber den Wurzeln meiner Vorfahren gewesen wäre, die mit Sicherheit stolz darüber gewesen wären, wo ich heute bin. Für mich hat es keine Rolle gespielt, wer der Präsident war, sondern dass es der Präsident war. Respekt vor einem politischen Amt zu haben, ist eine Auffassung, die sicher auch die Queen und Premierministerin Theresa May vertreten haben, als sie Erdogan in London ebenfalls getroffen haben. Ob es der türkische oder der deutsche Präsident gewesen wäre, meine Handlungen wären nicht anders gewesen."
Mesut Özil als langjähriger Profispieler (und damit auch Medien/PR-Profi) sollte sich der Reichweite solcher Fotos bewußt sein. Auch wenn er von seiner Seite aus keinerlei politische Absichten hatte, so sollte es ihm klar sein, dass Erdogan mit solchen Fotos (vor allem im Wahlkampf) natürlich politische PR-Absichten hegt. Und damit läßt sich Mesut Özil für Erdogun, seinen Wahlkampf und seine (totalitäre) Politik instrumentalisieren.
Und dann die Sache mit dem Respekt vor dem höchste Amt des Landes seiner Familie, nachdem er vorher von seinem Erbe und der familiären Tradition gesprochen hat. Traditionen sind eine Sache, über die man viel schreiben kann. Die Kurzversion lautet... es gibt gute und es gibt schlechte Traditionen. Die guten Traditionen geben uns Richtlinien, Halt und eine gewisse Konstanz in einer sich schnell wandelnden Gesellschaft. Sowohl im Großen (gesellschaftliche/nationale Traditionen) als auch im Kleinen (familiäre Traditionen). Wieso aber der Respekt vor einem politischen Amt dazu gehört erschließt sich mir persönlich nicht. Politiker sind für mich Dienstleister der Gesellschaft. Sie werden von der Gesellschaft gewählt (jedenfalls in demokratischen Systemen) und sollen für eine begrenzte Zeit für das Wohl dieser Gesellschaft arbeiten. Ich bezweifle hier also zwei Dinge. Zum einen, dass man Respekt vor Politikern oder irgendwelchen Ämtern haben sollte. Zum anderen, dass Respekt vor einem politischen Amt Teil irgendeiner "guten" Tradition sein sollte.
Zuletzt der Vergleich mit der Queen und Premierministerin Theresa May. Diese beiden müssen sich im Rahmen ihres Jobs mit Erdogan ablichten lassen... ob sie es wollen oder nicht. Das gehört (leider) zum politischen Spiel dazu, solange man mit solchen Ländern wie der Türkei politische und wirtschaftliche Beziehungen pflegt. D. h. die beiden können nicht ihre persönliche Sicht in den Vordergrund stellen und sage "Nö, ein Foto mit Erdogan wollen wir nicht machen.". Und da liegt genau der Unterschied zu Mezut Özil. Er als Privatperson hätte das machen können, hat sich aber offensichtlich dagegen entschieden.
Ich für mich erkenne in Mesut Özils Erklärung keinerlei Selbstreflexion oder gereifte Erkenntnis. Es scheint, als ob er die negative Entwicklung in der Türkei in den letzten Jahren von einer Demokratie hin zu einem autokratischen Präsidialsystem, den damit einhergehenden zahlreichen Verhaftungen, Entlassungen, der Unterdrückung der Pressefreiheit etc. nichts mitbekommen hat oder es ihn nicht interessiert. Und das finde ich sehr schade bzw. bedenklich. Nicht nur in seinem Fall, sondern bei allen, die Erdogan und die Entwicklung in der Türkei gut finden.
Das alles gipfelte nun in den drei Erklärungen von Mesut Özil, seinem Rücktritt aus der deutschen Nationalmanschaft, den diversen Reaktionen darauf und schließlich der Erklärung des DFB-Präsident Reinhard Grindel. Es geht um Rassismus-Vorwürfe, Integrationsfähigkeit des Fußballs, die Rolle des DFB und ihres Präsidenten und letztendlich auch darum wer schuld an dem frühen Aus der deutschen Mannschaft bei der Fußball WM 2018 ist.
Das alles will ich hier nicht diskutieren oder groß kommentieren. Zum einen sind mir die dafür notwendigen Interna zwischen den Beteiligten nicht bekannt. Zum anderen findet man für jede Meinung sicherlich eine mehr oder weniger belastbare Argumentationskette. So wie ich das sehe lässt sich die Eskalation im Grunde auf Kommunikationsprobleme und ein zu zaghaftes bzw. zu verzögertes Agieren der beteiligten Personen zurückführen.
Ich möchte aber meine Meinung zu einigen Aussagen aus Mesut Özils erster Erklärung äußern. Es geht speziell um Aussagen aus dem folgenden Abschnitten:
"Aber das Bild, das wir gemacht haben, hatte keinerlei politische Absichten. Wie ich bereits sagte, hat mich meine Mutter dazu gebracht, niemals meine Herkunft, mein Erbe und meine familiären Traditionen zu vergessen.
Für mich ging es bei einem Foto mit Präsident Erdogan nicht um Politik oder um Wahlen, sondern darum, das höchste Amt des Landes meiner Familie zu respektieren. Mein Beruf ist Fußballer, nicht Politiker, und unser Treffen war keine Befürwortung irgendeiner Politik. Tatsächlich haben wir über dasselbe Thema gesprochen wie jedes Mal, wenn wir uns treffen, nämlich Fußball, denn er war selbst Spieler in seiner Jugend.
Auch wenn die deutschen Medien etwas anderes dargestellt haben, ist die Wahrheit, dass die Ablehnung eines Treffens mit dem Präsidenten respektlos gegenüber den Wurzeln meiner Vorfahren gewesen wäre, die mit Sicherheit stolz darüber gewesen wären, wo ich heute bin. Für mich hat es keine Rolle gespielt, wer der Präsident war, sondern dass es der Präsident war. Respekt vor einem politischen Amt zu haben, ist eine Auffassung, die sicher auch die Queen und Premierministerin Theresa May vertreten haben, als sie Erdogan in London ebenfalls getroffen haben. Ob es der türkische oder der deutsche Präsident gewesen wäre, meine Handlungen wären nicht anders gewesen."
Mesut Özil als langjähriger Profispieler (und damit auch Medien/PR-Profi) sollte sich der Reichweite solcher Fotos bewußt sein. Auch wenn er von seiner Seite aus keinerlei politische Absichten hatte, so sollte es ihm klar sein, dass Erdogan mit solchen Fotos (vor allem im Wahlkampf) natürlich politische PR-Absichten hegt. Und damit läßt sich Mesut Özil für Erdogun, seinen Wahlkampf und seine (totalitäre) Politik instrumentalisieren.
Und dann die Sache mit dem Respekt vor dem höchste Amt des Landes seiner Familie, nachdem er vorher von seinem Erbe und der familiären Tradition gesprochen hat. Traditionen sind eine Sache, über die man viel schreiben kann. Die Kurzversion lautet... es gibt gute und es gibt schlechte Traditionen. Die guten Traditionen geben uns Richtlinien, Halt und eine gewisse Konstanz in einer sich schnell wandelnden Gesellschaft. Sowohl im Großen (gesellschaftliche/nationale Traditionen) als auch im Kleinen (familiäre Traditionen). Wieso aber der Respekt vor einem politischen Amt dazu gehört erschließt sich mir persönlich nicht. Politiker sind für mich Dienstleister der Gesellschaft. Sie werden von der Gesellschaft gewählt (jedenfalls in demokratischen Systemen) und sollen für eine begrenzte Zeit für das Wohl dieser Gesellschaft arbeiten. Ich bezweifle hier also zwei Dinge. Zum einen, dass man Respekt vor Politikern oder irgendwelchen Ämtern haben sollte. Zum anderen, dass Respekt vor einem politischen Amt Teil irgendeiner "guten" Tradition sein sollte.
Zuletzt der Vergleich mit der Queen und Premierministerin Theresa May. Diese beiden müssen sich im Rahmen ihres Jobs mit Erdogan ablichten lassen... ob sie es wollen oder nicht. Das gehört (leider) zum politischen Spiel dazu, solange man mit solchen Ländern wie der Türkei politische und wirtschaftliche Beziehungen pflegt. D. h. die beiden können nicht ihre persönliche Sicht in den Vordergrund stellen und sage "Nö, ein Foto mit Erdogan wollen wir nicht machen.". Und da liegt genau der Unterschied zu Mezut Özil. Er als Privatperson hätte das machen können, hat sich aber offensichtlich dagegen entschieden.
Ich für mich erkenne in Mesut Özils Erklärung keinerlei Selbstreflexion oder gereifte Erkenntnis. Es scheint, als ob er die negative Entwicklung in der Türkei in den letzten Jahren von einer Demokratie hin zu einem autokratischen Präsidialsystem, den damit einhergehenden zahlreichen Verhaftungen, Entlassungen, der Unterdrückung der Pressefreiheit etc. nichts mitbekommen hat oder es ihn nicht interessiert. Und das finde ich sehr schade bzw. bedenklich. Nicht nur in seinem Fall, sondern bei allen, die Erdogan und die Entwicklung in der Türkei gut finden.
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